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Wendehals (Jynx torquilla)
Merkmale und Kennzeichen
Nein, mit politischen Wendehälsen hat dieser Specht eigentlich nichts zu tun. Seinen Namen trägt er wegen seiner verblüffenden Fähigkeit, den Hals lokker um 180 Grad drehen zu können. Die Zugehörigkeit des Wendehalses zu den Spechten verwundert zunächst ein wenig, fehlen ihm doch eine ganze Reihe spechttypischer Attribute. So hat er keinen Stützschwanz und keinen kräftigen Meißelschnabel. Sein Gefieder ist – im Gegensatz zu der oft recht auffälligen Tracht seiner nächsten Verwandten – zur Tarnung rindenartig braun gemustert. Zudem ist er ziemlich klein und schlank – mit 16 bis 18 Zentimeter ist er nur wenig größer als ein Spatz.
Lebensraum und Verhalten
Wendehälse mögen klimatisch begünstigte lichte Wälder, Streuobstwiesen und Weinbaugebiete, ja sogar Alleen, Parks, Friedhöfe und Gärten besiedeln sie, wenn das Umfeld stimmt. Auf den Eigenbau der Bruthöhlen verzichtet der Wendehals gerne. Daher ist er auf die Zimmermannstätigkeit anderer Spechte, auf natürliche Baumhöhlen oder auf künstliche Nistkästen angewiesen. Wichtig ist, dass im Brutgebiet Ameisen vorkommen, denn die stehen einschließlich ihrer Puppen ganz oben auf dem Speisezettel. Nur wenn es an denselben mangelt oder Junge aufzuziehen sind, werden auch Blattläuse sowie andere kleinere Insekten aufgepickt, ja manchmal sogar Beeren.
Vorkommen und Verbreitung
Bereits im 19. Jahrhundert haben die Bestandseinbußen beim Wendehals begonnen und sich ab den 1950er Jahren deutlich fortgesetzt. Heute brüten in Baden- Württemberg nur mehr 4000 bis 6000 Paare, bei weiterhin stark abnehmender Tendenz. Dabei kommt er vor allem in den Gebieten mit Streuobstanbau vor, so etwa im Oberrheintal, im Albvorland, in der Neckarregion und im Bodenseeraum. Er fehlt in den großen geschlossenen Waldgebieten.
Schutzmaßnahmen
Der Verlust an Lebensräumen und hier vor allem an Streuobstwiesen macht dem Wendehals schwer zu schaffen. Hinzu kommen die schwindenden Nahrungsressourcen: seine Leibspeise sind die kleineren Ameisenarten. Und die haben in einer stark gedüngten und ausgeräumten Agrarlandschaft zunehmend schlechtere Lebensbedingungen. Die wichtigsten Schutzmaßnahmen liegen auf der Hand: Streuobstbestände erhalten und vor allem traditionell bewirtschaften. Für das Grünland bedeutet das eher wenige und späte Mahdtermine, die Erhaltung von Höhlenbäumen, Säumen und Brachen.
Quelle: LUBW, Im Portrait - die Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie, 1. Auflage, 2006, Artkapitel - Teil 2, S. 107 Bildautor: D. Nill/Archiv LUBW
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